KategorieÜberleben

Le­ben, das
Wortart: ℹ Substantiv, Neutrum

Das Lebendigsein, Existieren

„Kennen Sie Tom Cruise?“

&

… fragte der fremde, junge Mann im Anzug, der heute Mittag vor meiner Tür stand. Mit ihm da war eine junge Frau, ebenfalls im schicken Hosenanzug.

„Den Seketen-Heini?“ frage ich.

Der junge Mann guckt so:

O_O

„Wir sind von der Scientology und würden gerne…“ hebt die junge Frau an, ich sage, ich sei Buddhistin udn wolle es auch bleiben und schließe die Tür.

Seit ich hier wohne, habe ich 3 Typen von Vertretern und Verrätern ganz besonders hassen gelernt. Die Nervigen, die Selbstmitleidigen und die Wahnsinnigen.

Die Nervigen stecken ihr Pfoten in meinen Briefkasten und ihre Füße in meine Tür. Sie drohen und motzen und sagen, ich sei unfreundlich. Sie wollen, dass ich ominöse Internetbestellungen bezahle und Verträge unterschreibe. Sie wollen mein Geld, in meine Wohnung, mein Auto sehen oder alles auf einmal.

Dann gibt es die Selbstmitleidigen. Sie sind schwarz, Türken oder gerade aus dem Knast, die Mutter/Oma/Schwester/das Kind ist schwer krank und über den Verkauf von Zeitschriftenabos möchten sie das Geld für die dringend nötige Operation verdienen. Sie jammern und schluchzen und wedeln mit Zeitschriften, Klingelbeuteln oder Sammeldosen. Sie haben Schmerzen und sind zu mir in den 3. Stock gehumpelt weil sie kaum laufen können. Sie wollen Geld, mit Mitleid und Liebe – was ich ihnen normalerweise anbiete – können sie ja nichts anfangen.

Und da wären dann noch die Wahnsinnigen. Die Wahnsinnigen wollen mit mir über Gott reden.

Menschen beobachten vol. 2

M


direktnebenan bat um Beispiele zu dem Eintrag von gestern.

Dein Wunsch sei mir Befehl!

  1. Karl. Karl ist 32 und hat die letzten 3 Jahre (eine utopische Zahl, bei der deutschen Rechtsprechung) im Knast verbracht weil er besoffen ne Frau vergewaltigt hat. Nach’m Knast ist er wieder bei seiner Mutter eingezogen; die ist eh der Meinung, die vergewaltigte Frau sei slebst schuld. Wenn man schon in nem Minirock rumläuft muss man sich ja auch nicht wundern, wenn sich selbst so ein lieber Kerl wie der Karl nicht mehr beherrschen kann. Der Karl leidet auch ganz doll unter der Arbeitslosigkeit im Moment. Die Mama meint, wenn er erstmal Arbeit hat hören auch seine Agressionen und der Bierkonsum morgens um 10 auf. Das wird schon, auch ohne Ausbildung und trotz Knasterfahrung. Der Karl ist ja clever.
  2. Tina und Oliver. Das Standard-McDonalds-Pärchen. Die Namen sind variabel. Tina und Oliver sind beide Ende 20 sehen aber aus wie Mitte 40; beide übergewichtig und unterbelichtet. Alternativ ist nur Tina übergewichtig und Oliver spindeldürr. Oliver hat aber auf jeden Fall schon ne Halbglatze (mindestens). Tina ist arbeitslos oder Kindergärtnerin; Oliver arbeitet im Büro oder macht „irgendwas mit Computern“. Einmal in der Woche lassen sie Tinas Katzen allein in der 2 Zimmer-Wohnung und gehen mal schön romantisch essen. Bei McDonalds. Da trinkt Tina dann sogar mal die richtige Cola und nciht die Light-Cola vom Aldi wie sonst immer. Anschließend kehren die beiden nach Hause zurück, damit sie rechtzeitig zum Anfang von Emergency Room wieder da sind. Tina setzt sich nämlich sofort vor den Fernseher, Oliver vor seinen Computer.
  3. Laura und Christina. Wieder sind die Namen austauschbar. Die Frauen auch. Lauras und Christinas sind 16 – 26 Jahre alt und beste Freundinnen. D.h. dass eine hübsch (Laura) ist und die andere grottenhässlich (Christina). Laura glaubt, neben Christina sähe sie noch besser aus, Christina denkt, sie bekäme auch mal n Typen ab, der eigentlich Laura will, bei der aber keine Chance hat. Die beiden ergänzen sich perfekt, obwohl sie sich eigentlich nicht so wirklich leiden können. ständig gibt es Streit, besonders um Kleidung und Schminke, und weil Christina manchmal denkt, Laura kleide sich wie eine Schlampe. Irgendwann haben sie mal besoffen bei ner Party geknutscht, seitdem ist Christina ein bisschen in Laura verliebt; der ist die ganze Sache aber eigentlich nur unglaublich peinlich und sie hofft, dass das niemals irgendwer herausfindet.
  4. Carmen und Joselle. Carmen ist 32 und Karrierefrau. Joselle ist 4 und ihre Tochter. Joselle verbringt 10 – 12 Stunden am Tag in Kindergärten, Kindertagesstätten oder bei der Tagesmutter. Carmen kauft ihre jede Menge teures Spielzeug und geht ab und zu mit ihr Eis essen oder zu McDonalds wo Joselle dann alles essen darf, was sie will. Sonst weiß Carmen leider nichts mit Joselle anzufangen; hat aber auch gar keine Zeit dafür. Als ihr Ex sie in der Schwangerschaft verließ, sagten ihre alle, sie könne das als alleinerziehende Mutter nicht scahffen und sie müsse doch auch an ihre Karriere denken. Carmen beschloss, nicht darauf zu hören und es allen zu zeigen, dass der Stress nicht zuviel ist. Manchmal, wenn Joselle abends in ihrem bettchen liegt, überkommt es sie und sie stopft alles, was sie ihm Kühlschrank hat, in sich hinein. Danach steckt sie sich den Finger in den Hals. Was sie davon halten soll, weiß Carmen gar nicht so genau. Aber es wird schon nicht so schlimm sein. Obwohl sich das in letzter Zeit häufte.

    Einen Mann oder Freund möchte Carmen nicht. Sie hat einen Delfinvibrator im Nachttisch liegen.

  5. Jochen und Sarah. Jochen ist der Vorzeige-Fasche, mit Bomberjacke und Glatze. Sarah seine Freundin, klein, pummelig und eigentlich gar nciht in Jochen sondern in dessen besten Freund Lars verliebt. Jochen ist mit Sarah zusammen weil er schon 17 ist und nicht als Jungfrau volljährig werden will. Leider lässt Sarah Jochen nicht so wirklich ran, obwohl die beiden schon 5 Monate zusammen sind. Nur ein Unterwäsche-Foto hat Jochen von ihr auf seinem Handy. Darum musste er aber auch ewig betteln.  Dann iregdnwann erbarmte sich Sarah, stellte sich vor ihren IKEA-ganzkörper-Spiegel (der wellenförmige, für 5€ zog einen schwarzen BH und Slip an und ihren Bauch ein und mache mit ihrem Fotohandy ein Foto. Das schickte sie Jochen per MMS unter der Bedingung, dass er es keinem seiner Freunde zeigt.
    [Der Rest ist nicht ganz jugendfrei, also bitte markieren:]
    Mit ihm schlafen möchte sie trotzdem nicht. Sie hat Angst, dass Jochen sie eklig finden könnte. Ihre inneren Schamlippen sind nämlich länger als die äußeren und „hängen“ raus. Außerdem hat sie der Selbstbefrieidgung herausgefunden, dass sie beim Orgasmus mehr spritzt als er…


Ich hoffe, das reicht als Demonstration…

Menschen beobachten

M


Ich beobachte seit ich, ich würde sagen, 14 bin, Menschen. Angefangen hat das im Bus von der Innenstadt nach Hause. In Ermangelung eines MP3-Players und aus Unlust zu lesen, schaute ich Menschen an. Ich gab ihnen Namen und dachte mir Geschichten zu ihnen aus. Ich hatte mir so ca. 10 – 20 Leute ausgesucht, die in meinem Kopf die Figuren meiner Daily Soap waren. Sie trennten sich, schlugen ihre Kinder, verloren Jobs und Ehepartner und – waren sie mal ein paar Wochen nicht im Bus anwesend (Gott bewahre!) – versuchten sie auch mal, sich umzubringen und landeten in der Klapse.

Das mache ich immer noch, manchmal. An orten, wo viele Menschen unterschiedlichen Alters für längere Zeit unauffällig zu beobachten sind. Restaurants, Cafés, McDonalds, Züge, Busse oder halt die Türken und Russen vor meinem Fenster.

Ich habe auch endlich jemanden gefunden, dessen Fantasie ausreicht und der genug von seiner Umgebung mitbekommt, um mitzumachen. Die meisten anderen haben entweder kein Interesse an ihrer Umwelt oder sind zu fantasielos. Oder sie sind nicht böse genug.

Ja, ich muss zugeben, manchmal hab ich Angst, es könnte alles stimmen. Wenn ich immer recht hätte, wäre die Welt wohl ein (noch) schlechterer Ort als ohnehin schon.

Und noch mehr hoffe ich, dass meine Gedanken in keiner parallelen Dimension oder anderen Welt der Realität entsprechen. Denn die Menschen dort hätten wirklich kein schönes Leben.

Was bisher geschah…