Worüber freut sich ein chronisch Kranker – ich bin ja Diabetikerin – besonders? Wenn der behandelnde Hausaurt von einem Tag auf den anderen verschwindet.
Genau das ist mir – und einigen anderen Hattingern – unlängst passiert. Witzigerweise gab es ca. eine Woche vor dem Schließen der Praxis eine Schlagzeile, die es quer durchs Bundesgebiet bis in die Berliner Zeitung schaffte: Arzt aus Hattingen hat Impfstoff verkauft. 25€ pro Impfung hat der geschäftstüchtige Mediziner genommen und sich dabei noch geweigert, eine Quittung auszustellen.
Natürlich unterhielten wir uns in der Familie darüber und ich sagte Dinge wie „Mein Arzt würde das NIE tun. Das ist so ein Linker, der hat Gewerkschaftsliteratur im Wartezimmer liegen und so!“ Doch plötzlich… war die Praxis zu… und der ominöse Kapitalisten-Arzt sollte auch noch in der gleichen Straße sein, wie mein Hausarzt… und letztendlich sind die Gewerkschaftsvorstände und Führer kommunistischer Parteien ja auch selten hart arbeitende Bauern…
Mir blieb nichts, als mich an f***book zu wenden. Und dort erfuhr ich, dass mein Hausarzt nicht derjenige welcher ist, sondern einfach erkrankt. So schwer, dass er seine Praxis schließen musste. Das ist nämlich der Nachteil von Praxen, in denen nur ein Arzt arbeitet – da kann kein Kollege spontan einspringen.
Nun brauchte iich also einen neuen Hausarzt – dringend. Ich wählte die Nummer des geografisch nächsten: Aufnahmestopp. Beim zweitnächsten war stets besetzt. Beim drittnächsten sollte ich am nächsten Tag vorbeikommen und bekäme dann erstmal meine benötigten Rezepte. Als ich dort war, war die Praxis geschlossen. Nun hatte ich die Faxen dicke und fragte in meiner Stamm-Apotheke nach, die aber auch nicht weiter wussten. Die in der Innenstadt angesiedelten Ärzte hatte ich schon durch.
Wieder zu Hause beschloss ich, einfach alle anzurufen und den erstbesten aufzusuchen. Das klappte erstaunlich gut: bereits am nächsten Tag, einem Freitag, hatte ich einen Termin in einer Gemeinschaftspraxis bei einem netten Arzt. Der verstand das Problem, händigte mir Rezepte aus und versprach, sich um ein weiteres Anliegen zu kümmern: die 2. Impfung.
Impfung Nr. 1 mit Biontech hatte ich ja erhalten. Ca. 5 – 6 Wochen später, Anfang Juni, sollte daraufhin die 2. Impfung folgen. Mein Hausarzt war aber ausgerechnet in der Zwischenzeit erkrankt und natürlich kann man nicht einfach so veranlassen, dass der Impfstoff zu einem anderen Arzt umgeleitet wird. Es handelt sich vielmehr um einen Verwaltungsakt mit Anträgen und Erklärungen, die man bei der jeweiligen Krankenkasse des Patienten einreichen muss.
Letztendlich bekam ich aber pünktlich am 01.06. meine 2. Impfung, die erstaunlich nebenwirkungsarm war. Ich hatte nur etwas Kopfschmerzen und war müde. Ich habe jetzt nicht nur 2 tolle Eintragungen im Impfausweis sondern bekam zusätzlich noch von meinem Arzt eine Bescheinigung, dass er mich geimpft habe- diese sei wohl fälschungssicherer als der olle, gelbe Impfpass.
Somit ist meine 2-Wochen-Frist morgen um und ich gelte als geimpft.