Schiebt die Wahl zurück ins Meer

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In irgendeinem Forum wurde vorgeschlagen, dass man eine Blogaktion machen könnte, bei der jeder schreibt, warum es wichtig ist, zu wählen. Wem dazu nichts einfällt, der kann ja die „Pro7 Elections Weeks“ schauen, das Privatfernsehen hat jetzt nämlich den Anspruch entwickelt, seine Zuschauer in die Wahllokale zu treiben. Ist ja auch kein Wunder, wenn deren einziges Zugpferd das TV-Duell der Kanzlerkandidaten moderieren darf (nicht, dass irgendwer da den Raab ernstgenommen hätte) – da wird man schnell mal größenwahnsinnig und vergisst, welches Niveau das Publikum gewohnt ist.

Ich gehe aus dem niedrigestens aller Beweggründe wählen: Ich will mich danach beschweren dürfen. So sieht’s aus. Ich mag’s nicht, wenn Leute rummaulen selbst aber den Hintern nicht hochbekommen haben um ihre Stimme aus Protest einer der kleinen Parteien zu geben oder wenigstens den Stimmzettel ungültig zu machen – was eines jeden Recht ist, in einer Demokratie auf diese Weise seinen Unmut zu zeigen. Wenn man ’nen lustigen Witz auf den Wahlzettel schreibt, haben wenigstens die unerschrockenen Wahlhelfer was davon.

Außerdem diskutieren meine Eltern und ich in dieser Zeit immer recht viel über Politik und unsere Ansichten sind grundverschieden. Allein deshalb sollte ich schon wählen. Zumal ich, wenn ich es nicht tue, von allen Seiten bequatscht werde, dass ich meine Stimme per Briefwahl an einen meiner netten Verwandten abtreten soll. Interessant ist: die politischen Meinungen in meiner Familie sind breit gefächert, CDU, SPD, Grüne – alles dabei. Dass ich in den letzten Jahren die Piraten gewählt habe, wurde kopfschüttelnd akzeptiert. Als ich aber beim Geburtstag meiner Oma sagte: „Ich wähle diesmal die FDP! Die haben immer gute Politik gemacht und haben sympathische Leute!“ begannen 15 Leute zu schreien, wie ich sowas sagen könne. – Nur der Vollständigkeit halber, bevor ich die Hälfte meiner Leser verliere: ich werde selbstverständlich nicht die FDP wählen, ich wollte nur provozieren. Spaßparteien bekommen meine Stimme nicht!

Was meine Verwandschaft seltsamerweise auch sehr überrascht und erschüttert hat, ist, dass geistig Behinderte auch ein Wahlrecht haben. Ich frag‘ mich, was daran so abwegig ist. Da die meisten Wahlprogramme laut einer Studie der Universität Hohenheim ähnlich verständlich sind, wie Doktorarbeiten, werden sie die meisten der Wähler nicht verstehen – ob nun geistig Behindert oder nicht. Abgesehen davon sind auch diese Menschen gezwungen, in diesem Land und mit dieser Regierung zu leben, also sollen sie doch auch das Recht haben, mit zu bestimmen. Übrigens geben mittlerweile zumindest die großen Parteien ihre Programme in leichter Sprache heraus – also einfach formuliert, für Menschen, die schwere Sprache nicht so gut verstehen. 2009, als ich meine Ausbildung in der Verwaltung der Lebenshilfe machte, schickte uns nur die CDU so ein Heftchen zu.

Weiterführend möchte ich hier noch ein paar, mehr oder weniger ernstzunehmende Links zum Thema „Bundestagswahl“ präsentieren:

1. Der Wahl-O-Mat

2. Der National-O-Mat

3. Studie der Universität zur Verständlichkeit der Wahlprogramme

4. Wahlprogramme in leichter Spache

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