KategorieÜberleben

Le­ben, das
Wortart: ℹ Substantiv, Neutrum

Das Lebendigsein, Existieren

Corona-Update

C

In wenigen Stunden ist er da, der nächste Lockdown Shutdown.

[grey_box] Ein Lockdown ist eine Ausgangssperre, die es derzeit nur in einigen Bundesländern gibt. Ein Shutdown ist eine Stilllegung bzw. Schließung.[/grey_box]

Mich kümmert die Schließung der Geschäfte wenig. Ich bin tatsächlich in den vergangenen Monaten komplett auf den Online-Handel umgestiegen. Einzig ein paar Paare Socken habe ich unlängst im real life erworben. So schön es auch sein mag, alles in der Nähe kaufen zu können, so praktisch und bequem ist es auch, das Gedöns nach Hause geliefert zu bekommen – und es unterbindet Spontankäufe.

Mehr auf und an die Nerven gehen mir die Kontakteinschränkungen und die geschlossene Gastronomie. Ich bin ja gern unterwegs und treffe mich eigentlich auch häufig und gern. Das alles fällt jetzt aus oder verlagert isch ins Internet. Was zu Beginn der Epidemie noch ganz cool war, nervt inzwischen schon sehr.

Und: ich vermisse das Kino. Und meine Sportgruppen.

Impfung – ja, nein, vielleicht?

Ich habe vor, mich impfen zu lassen. Ja, vielleicht bin ich dann ein Versuchskaninchen. Aber lieber bin ich eines für eine Impfung als für einen Virus, bei dem auch niemand weiß, wie die Spätfolgen aussehen.

Arbeit

Der Sommer ging vorbei und in den Supermärkten hielten die ersten Weihnachtsartikel einzug. Dann kam der Shutdown „light“ im November und plötzlich war Krieg… äh, Weihnachten.

Das ist, wenn man mit dem Einzelhandel zusammen arbeitet, ja schon in normalen Jahren ein besonderes Highlight. Es ist wahnsinnig stressig, jeder will alles sofort, gleichzeitig rückt auch das Ende des Jahres immer näher, was sich auf Rechnungserstellung usw. auswirkt, dann noch die ganzen Feiertage, durch die Zeit verloren geht… und dieses Jahr kommt noch Corona hinzu.

Einerseits sollte man meinen, dass es an den Kassen – die meine Firma ja repariert – ruhiger zugeht, da ja nur eine bestimmte Anzahl Kunden in den Markt darf. Andererseits dürfen viele Supermärkte nur jede 2. Kasse öffnen und haben auch nur diese mit Hygieneschützen ausgestattet. Geht eine davon kaputt, ist sofort Holland in Not.

Ich bin echt gespannt, wie das nächste Woche wird. Es gab in den vergangenen Jahren immer mal „Schlägereien an der Kasse“, bspw. Kunden, die die Acrylgläser am Scanner abreißen, vor die Bildschirme treten oder sonst wie ausfällig werden. Bisher fand das im Markt statt. Verlagert sich diese Eskalation jetzt wohl auf den Parkplatz?

Ich persönlich habe mich bereits über Alternativen zum Lebensmittelkauf informiert. Getränke bestelle ich schon eine Weile bei einem Getränkelieferanten. Der trägt mir die Kästen auch mehr oder weniger bereitswillig in den 4. Stock. Lebensmittel bestellen und liefern lassen, ist hier leider nicht wirklich möglich. Allerdings bietet ein Supermarkt in der Stadt einen Service an, bei dem man online seinen Einkauf zusammen stellt und dann nur abholen muss. Das werde ich mal ausprobieren.

Masken

Ich habe dieses Jahr bestimmt schon 15 verschiedene Masken besessen. Mein aktuelles Modell ist schlicht weiß aber nicht rechteckig – die rechteckigen rutschen mir nämlich in die Augen, ich bevorzuge Masken, die etwa so geformt sind: <>

Außerdem habe ich endlich auch eine einigermaßen passable Lösung für die Brille gefunden. Ohne diese bin ich quasi blind, selbst Kleingeld richtig erkennen ist schwer, an lesen gar nicht zu denken. Leider haben Brillen aber die Angewohnheit, zu beschlagen, wenn man eine Maske trägt, da man die Gläser anatmet. Eine Möglichkeit besteht darinnen, die Maske mit der Brille fest an die Nase zu drücken – da klappt bei mir aber eher schlecht als recht, da meine Brille einfach ziemlich leicht ist. Inzwischen habe ich allerdings Anti-Beschlag-Tücher gefunden, die ganz gut funktionieren.

Weihnachten

…ist bei uns kein Problem, wir sind ja eh keine große Familie. Schade ist wohl, dass wir nicht essen gehen können, ansonsten ändert sich aber tatsächlich nichts.

Spannung

Spannend finde ich die Pandemie immer noch. Das alles zu erleben. Viele sagen, das würde uns nachhaltig prägen, es würde die Menschen und unsere Umwelt verändern. Vermutlich werden Hygieneschütze uns erhalten bleiben. Desinfektionsmittel, vielleicht auch die Masken an öffentlichen Orten. Vielleicht werden Busse nicht mehr so vollgestopft sein und „Home Office“ gängiger werden. Erinnern werden wir uns bestimmt alle an diese verrückte Zeit.

Kino trotz Corona?

K

Kinos gehörten früher zu den Orten, an denen man fremden Menschen zwangsweise recht nahe kam. Jeder Sitz hat 2 Armlehnen? Diese Vorstellung ist sooo 90er 00er-Jahre! In den letzten Jahren lautete die Devise: teilen mit dem Sitznachbarn. Ich denke, es gab einen stummen Kodex, dass der Getränkehater rechts der ist, den man benutzen darf und Popcorn auf den Schoß gehört.

Tja und dann kam die 1,5m Abstandsregel. In Flugzeugen sitzt man wohl weiterhin wie Schlangen in einem Paarungsknäuel, das bleibt Filmfans erspart: die Kinos besetzen nur ca. 1/3 ihrer Plätze, wenn überhaupt. In denen hier in der Nähe bedeutet das: 2 Plätze nebeneinander sind reservierbar, daneben sind 2 unbesetzt. Generell wird nur jede 2. Reihe überhaupt freigegeben.

Schwierig wird es, wenn man mehr als eine Person mitnehmen möchte: im UCI in Bochum gibt es jede Menge 2er-Plätze und vereinzelt einzelne Sitze – aber keine 3er- oder 4er-Grüppchen. Ich würde das vermutlich bei der Kartenkontrolle ansprechen und fragen, ob man sich nicht trotzdem zusammen setzen kann – ist ja Quatsch, wenn man eh schon in einem Auto angereist ist und an einem Tisch gegessen hat, machen die Plätze nebeneinander den Kohl auch nicht mehr fett. Im Cinemaxx gibt es immerhin jeweils 2x 3 und 2x 4 Plätze nebeneinander.

Ich kann nur empfehlen, die Tickets online zu buchen. Dann geht’s beim Einlass schneller und kontaktlos. Und man kann sicher sein, die gewünschten Plätze zu bekommen und nicht wieder heimfahren zu müssen, weil andere schneller waren.

Als ich Tenet gesehen habe, waren die sonstigen Regelungen noch moderat: Mund-Nasen-Schutz tragen, bis man auf dem Sitzplatz sitzt, danach war das Abnehmen gestattet. Inzwischen ist das komplette Ruhrgebiet ein einziges Risikogebiet, daher muss man die Maske während des gesamten Films tragen.

Leider kommen kaum neue Filme ins Kino. Tenet war ein Lichtblick in diesem Jahr. Wirklich gefreut habe ich mich auch auf den neuen James Bond, dieser wurde allerdings verschoben – auf März 2021.

Unter Tage

U

Bereits im Januar war ich im Rahmen eines VHS-Kurses unter Tage. Nämlich im Schacht Konrad in Salzgitter. Das ehemalige Eisenerz-Bergwerk wird derzeit zu einem Endlager für radioaktive Abfälle umgebaut; dieser Umbau war der erste dieser Art, der 2002 genehmigt wurde.

Um kurz vor 5 sollte es in Hattingen losgehen. Meiner Meinung nach verstößt es ja gegen die Genfer Konvention, Menschen um diese Zeit aus dem Bett zu werfen. Zum Glück dauerte die Fahrt nach Salzgitter 4,5 Stunden – da war es möglich, einiges an Schlaf nachzuholen.

Am Schacht angekommen wurden wir empfangen von einer ganzen Menge hoher Zäune, Natodraht und Security überall. Unsere Anwesenheit sorgte dann erstmal für einige Verwirrung – es wusste nämlich niemand, dass eine Fotogruppe aus dem Ruhrgebiet angemeldet war. Diese Information war irgendwo verloren gegangen. „Tja“ sagte man und „Mh“, führte uns aber letztendlich doch in einen Raum, indem wir die ersten Instruktionen bekommen sollten: grundlegende Infos über das Bergwerk, Sicherheitshinweise und Benimmregeln – schließlich wären wir unter Tage nicht allein, dort wird noch immer gearbeitet und wir sollten keinem im Weg rumstehen.

Dann ging’s los: wir bekamen todschicke Klamotten gestellt: Overall, Stiefel, eine wasserdichte Jacke, Schutzbrille, Helm und sogar Unterwäsche und Socken waren dabei – aber nur für Freiwillige, nur das „obendrüber“ war wichtig. Kaum waren wir umgezogen, wurden wir in eine Gruppe Studenten integriert – dass die kommen sollten, war nämlich bekannt und da wir halt auch da waren, wurden wir zusammengelegt.

Letztendlich bekamen wir noch einen Sauerstoff-Selbstretter, so eine Art Atemmaske mit Sauerstoffflasche, da sich in Schächten gern mal Kohlenmonoxid anreichert. Vermutlich hatten unsere Führer auch ein entsprechendes Warngerät dabei, CO bemerkt man nämlich erst, wenn man umkippt – man riecht und sieht es nicht und es gibt kein Erstickungsgefühl, da es in der Atemluft vorhanden ist. Es entsteht auch, wenn Holz verbrennt oder Grillkohle.

Außerdem wurde die Funktion unseres Helmes überprüft. Klingt, als würde man etwas hartes auf den Kopf bekommen? Mitnichten. Die Helme sind mit Mikrochips versehen, die ein Signal senden. Dieses Signal wird empfangen von allem, was im Schacht herumfährt – damit es bremst, wenn man im Weg steht. Tatsächlich kann man, solange man seinen Helm trägt, nicht überfahren werden. Die Maschinen wissen, dass man da ist.

Überfährt einen nicht: ein Bagger.

Die Fahrt in den Schacht dauerte ca. 4 Minuten, in denen ich ordentlich Druck auf den Ohren bekam und diesen ständig ausgleichen musste. Für die Fahrt mit dem Aufzug benötigten wir auch die wasserfesten Jacken und Schutzbrillen. Von oben tropfte nämlich stark salzhaltiges Wasser auf uns hinab das Flecken auf den Kameras hinterließ und auf der Haut zu Rötungen führte.

1000m Erde, Stein und Fels über einem.

Natürlich setzten wir unseren Weg nicht zu Fuß fort. In dieser Tiefe herrschen immerhin durchgehend über 30°C und wir hatten an der Ausrüstung ziemlich zu schleppen. Zu der genannten Kleidung und den Sauerstoff-Selbstrettern kamen ja auch noch Kameras, Objektive und Stative hinzu – was man alles als Fotograf braucht.

Wir fuhren mit Autos. Die gibt es nämlich unter Tage. Sie sind genau wie wir in die Schächte gekommen, mit dem Aufzug. Allerdings in Einzelteilen. Daher wurden unwichtige Sachen auch einfach beim Zusammenbauen weggelassen, zum Beispiel das Dach.

Sitze = wichtig, Dach = unwichtig

Es gibt nur eine handvoll Autos und die Fahrer verständigen sich permanent über Funk, wo sie gerade sind. Außerdem schaltet man beim Einfahren in einen bestimmten Schacht ohne Ausweichmöglichkeiten eine Ampel auf Rot, damit einem keiner entgegenkommt. Das System scheint sehr sicher zu sein – zumindest, wenn man den Fahrstil der Fahrer bedenkt. Man tuckert nämlich keineswegs mit 10 km/h durch die Gänge, die geben richtig Gas. Die Wagen sind zwar bei ca. 40 km/h abgeriegelt, aber die wollen ausgenutzt werden. Auf der offenen Ladefläche und in den engen, unebenen Stollen mit krassen Steigungen und plötzlichen Kurven, im Finsteren fühlt sich das auch deutlich schneller an. Man ist dankbar um die Schutzbrillen, staubig ist es auch. Aber es macht auch richtig Spaß, ein bisschen wie Achterbahn fahren nur viel bequemer.

Eine Stollenwand. Natürlich nicht im umgebauten Teil, dort werden nicht einfach Fässer mit Atommüll hingekippt.

Wir fuhren unterschiedliche Bereiche an, vor allem auf der 4. Sohle in 1200m Tiefe, und lauschten den Vorträgen der Fahrer über unser Headset. In vielen Bereichen wird gearbeitet, man läuft dann zwischen den Arbeitern rum bzw. hält sich eher im Hintergrund um nicht zu stören und keine Steine auf den Kopf zu kriegen.

Hier wird gearbeitet.

An einigen Stellen konnten wir Schächte sehen, die bereits umgebaut sind, Dort landet irgendwann radioaktiver Abfall. Das sieht zum Beispiel so aus:

Fehlen nur noch die gelben Fässer.

Die Betonplatten und die Verankerungen dieser sind mehrere Meter dick bzw. lang.

Eine besondere Funktion haben die gelben Schilder, die von den Seiten in den Schacht hineinragen, hier an der rechten Seite gut zu sehen. Eine Nahaufnahme:

Gelbe Platten

Diese werden von einem Laser erfasst, der gegenüber des Schachtes befestigt ist. Und wehe, die bewegen sich auch nur um einen Millimeter! Dann wäre der ganz Berg instabil und vermutlich nicht als Endlager geeignet.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung beschäftigt übrigens auch Anthropologen. Es wurde festgelegt, dass die Endlagerung radioaktiver Stoffe für 1.000.000 (eine Million) Jahre „sicher“ sein muss. Zum Vergleich: in den skandinavischen Ländern geht man 300.000 Jahren aus, der moderne Mensch bevölkert die Erde seit ca. 40.000 Jahren. Der Zeitraum ist also nicht wirklich erfassbar und es stellt sich vor allem die Frage: wie sollen solche Informationen erhalten und weitergegeben werden? Ansätze sind, die Verbreitung dieses Wissens über die Kirchen laufen zu lassen, Warnhinweise im Boden anzubringen – aber in welcher Sprache? Piktogramme? Haben Warnhinweise Menschen jemals abgehalten, etwas wirklich dummes zu tun?

Die Rohre versorgen die Stollen mit Frischluft.

Nach ca. 3 Stunden kehrten wir an die Erdoberfläche zurück, entledigten uns der Kleidung und duschten erstmal. Leider hatten wir nicht soviel Zeit im Schacht gehabt, wie wir eigentlich hätten haben sollen – da man uns nicht erwartet hatte, war man nicht auf Fotografen eingestellt. Außerdem waren wir an einem Freitag da und als es auf halb 3 zuging… ein Schelm, der böses dabei denkt. ;)

Ich fand’s aber sehr interessant und würde nochmal hinfahren – die Erfahrung lohnt schon. Vielleicht sehe ich das aber auch nur so, weil mein Opa selbst unter Tage malocht hat – in einer Zeche, wie früher viele im Ruhrgebiet.

Das Titelbild zeigt die heilige Barbara, Schutzpatronin der Bergleute.

Glück Auf!

Was bisher geschah…